Treffpunkt Europa: Der Wunsch nach einem eigenen Nationalstaat
Schottland möchte sich von Großbritannien lösen, ein ETA-Anschlagsopfer erzählt seine Geschichte und in Belgien haben sich Flamen und Wallonen kaum noch etwas zu sagen.
[img-mini]http://www.dw-world.de/image/0,,2931750_4,00.jpg[/img-mini] Belgier demonstrieren für die Einheit des Landes
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sind in den vergangenen Jahren in Nord- und Osteuropa viele neue Staaten entstanden. Estland, Lettland, Litauen sind wieder unabhängig, die Slowakei und Tschechien haben sich voneinander getrennt – um nur einige zu nennen.
Das alte Europa schien vor solchen Entwicklungen gefeit. Tatsächlich gibt es aber auch hier separatistische Bewegungen. Nina Diezemann gibt einen Überblick.
Weit entfernt von einem einheitlichen Staat ist derzeit Belgien. Immer wieder betonen viele Flamen, wie gut sie auf den ärmeren französischsprachigen Süden, die Wallonie, verzichten könnten und fordern ein unabhängiges Flandern. Es scheint, als verliefe quer durchs Land nicht nur eine regionale und sprachliche Grenze, sondern vielmehr ein tiefer Graben, der die beiden Landesteile voneinander trennt. Über die innere Zerrissenheit Belgiens berichtet Nina Haase.
[img-mini]http://www.dw-world.de/image/0,,2143570_4,00.jpg[/img-mini] Viele Schotten möchten künftig von Edinburgh aus regiert werden
Was habe ich mit den Engländern gemeinsam? Diese Frage stellen sich viele Schotten immer wieder. Da aber nur wenige von ihnen darauf auch eine befriedigende Antwort zu haben scheinen, wird der Wunsch nach einem unabhängigen Schottland, das von Edinburgh und nicht von London aus regiert wird, immer stärker. Und das umso mehr, seit die Regierung in Schottland gewechselt hat, wie Lars Bevanger berichtet.
Im Treffpunkt Europa-Interview spricht Daniel Gros über die Gründe und die Auswirkungen des Separatismus in Europa. Er ist Direktor des Centre for European Policy Studies in Brüssel. Die Unabhängigkeitsbestrebungen in Europa betrachtet er aber eher gelassen.
[img-mini]http://www.dw-world.de/image/0,,2302733_4,00.jpg[/img-mini] Demonstration gegen die ETA im spanischen Baskenland
Mit roher Gewalt kämpft die baskische Untergrundorganisation ETA in Spanien für ein unabhängiges Baskenland. Nach Angaben des spanischen Innenministeriums sind bei den Anschlägen der ETA seit ihrer Gründung im Jahr 1959 über 800 Menschen getötet worden. Hans-Günter Kellner hat in San Sebastian einen Mann getroffen, der bei einem ETA-Anschlag knapp mit dem Leben davon kam.
Ein demokratischer Kampf für die Unabhängigkeit 17.01.2009 von Lars Bevanger
Schottland gehört inzwischen seit über 300 Jahren zu Großbritannien. Aber bis heute gibt es Bestrebungen, sich von London unabhängig zu machen. Seit 2007 regiert in Schottland die „Schottische Nationalpartei“ (SNP), die für die Unabhängigkeit kämpft.
Ein eigenes Parlament ist nicht genügend Unabhängigkeit für einige Schotten - Julia Kuckelkorn
Es sei das Geld der Schotten, das die Wirtschaft auf der Insel mit dem Öl aus der Nordsee in Gang halte, erklärt die Vizechefin der SNP Nicola Sturgeon. „Es gibt viele andere, kleinere Staaten, die nicht über solche Ressourcen verfügen, und die es dennoch geschafft haben, sich unabhängig zu machen.“ Das wolle die SNP auch für Schottland.
Innenpolitik aus Edinburgh, Außenpolitik aus London
London entscheidet über Steuern und Außenpolitik für Schottland mit - European Commission
Seit knapp zehn Jahren haben die Schotten ein eigenes Parlament, seitdem sind sie für die Innenpolitik weitgehend selbst verantwortlich. London hat allerdings weiterhin das Sagen in Sachen Steuern und Außenpolitik. Diese Regelung gefällt den Nationalisten in Edinburg gar nicht.
Für 2010 hat die Schottische Nationalpartei ein Referendum zur Unabhängigkeit des Landes angekündigt. Umfragen zeigen allerdings, dass nur etwa ein Drittel der Schotten den völligen Bruch mit London wollen.
Gewalt ist die Ausnahme
[img-mini]http://www.euranet.eu/var/ezwebin_site/storage/images/media/images/german/loch-ness-schottland/187772-1-ger-DE/Loch-Ness-Schottland_medium.jpg[/img-mini] Schottland kämpft meist mit demokratischen Mitteln für Unabhängigkeit - bartman-simpson/pixelio.de
Schotten betonen gerne und häufig ihre eigene kulturelle Identität – normalerweise auf eine friedliche, wenngleich bestimmte Weise. Es gibt allerdings auch Ausnahmen: Die so genannte „Schottisch-nationale Befreiungsarmee“, kurz SNLA, will ihr Ziel, ein unabhängiges Schottland, auch mit Gewalt durchsetzen.
Myra Philp, leitende Nachrichten-Redakteurin beim schottischen „Daily Express“, hat von der SNLA in einem Umschlag eine Wodka-Flasche erhalten. „In der Flasche war aber kein Wodka, sondern Natronlauge. Wenn das jemand getrunken hätte, wäre er tot gewesen“, sagt sie. Zwei Mitglieder der SNLA sitzen wegen des Anschlags inzwischen in Haft.
Mit demokratischen Mitteln für die Unabhängigkeit kämpfen
[img-mini]http://www.euranet.eu/var/ezwebin_site/storage/images/media/images/german/haekchen/187782-1-ger-DE/Haekchen_medium.jpg[/img-mini] Ein Referendum soll über die Unabhängigkeit von London entscheiden - geralt/pixelio.de
Größere Anschlagsserien, wie im Baskenland, gibt es in Schottland nicht. Der Kampf wird mit demokratischen Mitteln geführt. Und auch wenn die Umfragen in der Bevölkerung nicht gerade auf eine baldige Unabhängigkeit Schottlands hinweisen, ist die „Schottische National Partei“ zuversichtlich.
Wenn die Menschen die Wahl bekämen, würden sie sich für die Unabhängigkeit entscheiden, sagt Angus Robertson, Schattenminister für Außenpolitik. „Das Problem ist, dass gesagt wird, die Schotten seien zu arm, zu dumm, zu hinterwäldlerisch, um es allein zu schaffen. Aber das sind natürlich völlig unakzeptable Argumente. Aber am Ende werden sich die Menschen davon nicht einschüchtern lassen.“
1/3 ist schon ein guter Anfang und das nach nur 10 Jahren eigenes Parlamentes - noch spätestens 20 Jahre und Schottland ist bereit für die Unabhängigkeit ^^
Schottland würde die Unabhängigkeit verdienen. Aber ich wundere mich ehrlich gesagt, dass sie noch nicht unabhängig sind und dass sie relativ wenig Unterstützung in der Bevölkerung haben... Sie haben eine relativ gute Wirtschaft und recht viel Öl, eine Unabhängigkeit würde Sinn machen. Dann noch die Unabhängigkeit für Wales und der Anschluss Nordirlands an die Republik Irland und ich wäre zufrieden. Ich muss zugeben, dass GB zu den Staaten gehört, die ich am meisten hasse... also rein politisch gesehen.
nun die Schotten hatten bis vor 10 Jahren nicht mal ein eigenes Parlament gehabt das heißt wenn überhaupt eine Schottische Partei die Unabhängigkeit wollte, hätte sie im Englischen Parlament sitzen müssen - bei der Englischen Parlamentsmehrheit
Schottland hat eine Einwohnerzahl von nur 5 Millionen (ca 8,5 %) England hat eine Einwohnerzahl von 50 Millionen (ca 83,7 %) Wales hat nur eine Einwohnerzahl von 2,9 Millionen (ca 4,9 %) Nordirland hat nur eine Einwohnerzahl von 1,7 Millionen (ca 2,9 %)_____ Gesamt (Großbritannien) halt ca 60 Millionen Einwohner (100%)
da war ja klar, dass im Englischen Parlament in London die 3 kleinen unterdrückten Staaten NIE hätten das durchsetzen können aber nun hat ja Schottland vor 10 Jahren sein eigenes ("noch" nur innenpolitisches) Parlament bekommen
Monarchie hat etwas verdammt positives für eine Volksgemeinschaft und gerade die Engländer haben es perfekt verstanden durch Königliche Heiraten und Image GB einig zu halten
z.B. bekommen die Englischen Thronfolger fast immer den Titel "Prince of Wales" obwohl sie Engländer sind auch sonst wird versucht geschichtlich durch die Ehen der Monarchie das land als ein Land darzustellen
Ich bin ein Befürworter der Monarchie (nur Parlamentarische Monarchie - König ist "nur" Repräsentant, kein Gesetzgeber) aber genau aus diesem Grund bin dafür, dass die Monarchie in England abgeschafft wird dann würde nämlich auch das gesamte Charisma der englischen Monarchie zusammenfallen ^^
neben der Monarchie spielt auch Religion eine große Rolle Man muss da festhalten, dass das ENGLISCHE Königshaus auch das religiöse Oberhaupt der englischen Kirche bekleidet und Schotten und Wales stehen halt nahe der "Church of England" bei (obwohl sie eigene Kirchen haben) ...
der 4te wichtige Punkt ist, dass Schottland, Wales und Nordirland schon so viele Unabhängigkeitskriege geführt hat aber leider sind sie im vergleich zu England winzige Völker und haben deswegen die Kriege immer verloren
doch nun haben die Schotten ihr eigenes Parlament ^^ und kämpfen demokratisch für ihre Unabhängigkeit ^^ heutzutage kann das mächtige England nicht mehr so leicht in die Länder einmarschieren und sie unterdrücken ^^ (naja ok in Nordirland machten sie das trotzdem...)
Schottland wurde 1707 durch den Act of Union 1707 mit England zum Königreich Großbritannien vereinigt. Seit langem gibt es aber politische Kräfte, die eine erneute Unabhängigkeit des Landes anstreben. Seit der schottischen Parlamentswahl 2007 am 7. Mai 2007 wird die Regierung von der Scottish National Party gestellt, die für eine Unabhängigkeit Schottlands eintritt. Dazu soll nach ihren Vorschlägen im Jahr 2010 ein Referendum stattfinden, welches der Regierung ein Mandat gäbe, mit der britischen Regierung über die Unabhängigkeit zu verhandeln. Die Regierung ist jedoch eine Minderheitsregierung; die SNP verfügt über 47 von 129 Sitzen im Parlament. Labour, die Konservativen und die Liberalen, die zusammen über 79 Parlamentssitze verfügen und mit dieser Mehrheit Vorlagen der Regierung blockieren können, haben zuletzt im Juni 2009 betont, dass sie ein solches Referendum ablehnen.
[img-mini]http://www.tagesspiegel.de/storage/pic/hermes/politik/politik/239390_1_xio-fcmsimage-20081115211346-006000-491f2d7a879e1.heprodimagesfotos82420081116salmond.jpeg[/img-mini] Schottlands Ministerpräsident Alex Salmond. Foto: AFP
Schottlands Ministerpräsident Alex Salmond im Tagesspiegel-Interview über die geplante Unabhängigkeit von London, die Wirtschaftskrise und den speziellen Nationalismus seiner Partei, der SNP.
Sieg der Scottish National Party ebnet den Weg für ein Unabhängigkeitsreferendum
Nach den Wahlen am Donnerstag erhält die Scottish National Party (SNP) 47 Sitze, die Labour Party 46, die Tories 17, die sozialliberale LDP 16 und die Grünen 2. Ein Sitz geht an einen unabhängigen Kandidaten. Bei den letzten Wahlen zum schottischen Parlament hatte Labour noch 34,6% der Stimmen erhalten, die SNP 23,8%, die Tories 16,6% und die LDP 15,3%. Jetzt wird erwartet, dass die SNP mit der LDP und den Grünen in Koalitionsverhandlungen tritt. Der LDP-Vorsitzende Nicol Stephen hatte sich vor der Wahl darauf festgelegt, nur mit der stärksten Partei zu koalieren. Eine zentrale Rolle in den Koalitionsverhandlungen wird die Forderung der SNP nach einen Unabhängigkeitsreferendum für Schottland spielen.
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Unabhängigkeitsreferendum
Die 1934 gegründete SNP wurde mit den [extern] Ölfunden in den 1970ern zu einer relevanten politischen Kraft und konnte 1997 eine ihrer Hauptforderungen durchsetzen, ein Referendum über die Wiedereinsetzung eines schottischen Parlaments. Im Jahr darauf wurde der Scotland Act erlassen, der das 1707 aufgelöste "Pàrlamaid na h-Alba" wieder einsetzte - allerdings im großen und ganzen nur mit den Kompetenzen des alten britischen Schottlandministeriums.
Die andere wichtige Forderung der von Sean Connery unterstützten Partei, die Unabhängigkeit Schottlands, steht nach dem Wahlsieg vom Donnerstag an. Der SNP-Spitzenkandidat Alex Salmond hat jetzt die Chance den Labour-Premier Jack McConnell abzulösen und ein Referendum auf den Weg bringen. Er hatte angekündigt, im Falle eines Wahlsieges innerhalb von 100 Tagen ein Gesetz mit einem Zeitplan für Verhandlungen mit London zu verabschieden - mit dem Ziel, den Vertrag von 1707 zu kündigen und 2010 ein Referendum über die Unabhängigkeit abzuhalten.
Eine wichtige Rolle im Wahlkampf spielte neben der Unabhängigkeitsfrage auch der Irakkrieg. Zwei Drittel aller Schotten sind für einen sofortigen Truppenabzug - die SNP ebenfalls. Daneben spricht sich die Partei für progressive Steuern zur Umverteilung von Reichen an Arme und gegen Studiengebühren aus, aber auch für den Beitritt Schottlands zur Euro-Zone. Letzteres wird angestrebt, um sich von Großbritannien und vom Pfund unabhängiger zu machen. Der Euro beinhaltet aber auch die Gefahr, dass die vermeintliche größere Unabhängigkeit neue Abhängigkeiten mit sich bringt, etwa in haushaltspolitischer Hinsicht. Die Pro-Euro-Haltung war auch im Wahlkampf die schärfste Waffe gegen die SNP.
London - Sean Connery setzt sich auch weiterhin für die Unabhängigkeit von Schottland ein. Der Schauspieler glaubt, dass er seinem Ziel schon sehr nahe ist. Wie der Online-Dienst "contactmusic.com" berichtet, ist der 77-Jährige überzeugt, dass Schottland noch vor seinem Tod ein unabhängiger Staat wird. Sollte das tatsächlich klappen, will Connery seinen Wohnsitz von den Bahamas ins schottische Hochland verlegen.
Sean Connery lebt wegen seiner politischen Überzeugung auf den Bahamas. Der Schauspieler möchte nicht in seiner Heimat Schottland leben, solange dieses nicht unabhängig ist.
Große Unterstützung für Nationalpartei Schotten träumen von Unabhängigkeit[/size] [size=85]von Matthias Thibaut 19.04.2007
Die schottische Nationalpartei wirbt für die Trennung von London – und liegt vor der Parlamentswahl klar vorn. Premier Blair wird schon nervös, aber seine Warnungen werden in den Wind geschlagen. Die Schotten haben ein neues Selbstbewusstsein entwickelt: Ihr Öl soll sie unabhängig machen.
[img-mini]http://bc2.handelsblatt.com/ShowImage.aspx?img=1379661&width=168&height=168[/img-mini] Sean Connery, prominentester Schotte: Auch er machte schon Werbung für die National Party. Foto: dpa
LONDON. Tony Blair warnte die Schotten vor einem „wahnwitzigen Risiko“: Niemand solle bei der schottischen Parlamentswahl am 3. Mai die schottische Nationalpartei SNP wählen, nur um ihm einen Denkzettel zu geben, sagte der Regierungschef am vergangenen Wochenende. „Ich werde dann weg sein“, fügte er an. „Aber die Konsequenzen einer SNP-Regierung für Schottland werden vier Jahre bleiben – oder für immer, wenn es nach der SNP geht.“ Damit spielte Tony Blair auf das Ziel der Nationalpartei an: Ein unabhängiges Schottland für seine gut fünf Millionen Einwohner.
Die Schotten dürften die Warnung aber in den Wind schlagen. Labour steckt im Umfragetief. Die britische Regierungspartei steht bei Parlamentswahlen in Wales und Kommunalwahlen in England vor einer beispiellosen Schlappe. Doch in Schottland steht mehr auf dem Spiel: Labours seit 50 Jahren fast ungebrochene Dominanz, die Machtbasis des wahrscheinlichen nächsten Premiers Gordon Brown und 200 Jahre Vereinigtes Königreich.
SNP-Chef Alex Salmond hat alle Aussichten, als Chef der stärksten Partei die nächste schottische Regierung zu bilden. Die jüngste Meinungsumfrage, letzte Woche im „Herald“ veröffentlicht, gibt der SNP einen Vorsprung von elf Prozentpunkten. Im Durchschnitt der Umfragen rangiert die SNP bei rund 36 Prozent und damit sechs Punkte vor Labour.
Sollte er gewinnen, will Salmond die Schotten gegen Ende seiner ersten Amtsperiode per Referendum um ein Mandat für Unabhängigkeitsverhandlungen mit London bitten. Labourpolitiker fürchten, dass er als Regierungschef Konflikte mit London provozieren würde, um die Argumente für die Unabhängigkeit zu stärken. Schottlands amtierender Labour-Regierungschef Jack McConnell prophezeit für den Fall eines SNP-Sieges „Konflikt, Spaltung, Chaos und Kosten“. Für den Aufschwung der Nationalpartei werden viele Gründe genannt: der Hass auf Blair und den Irakkrieg, Enttäuschung über McConnell, der immer wieder von Gordon Brown, dem eigentlichen Hausherrn in Schottland, zurückgepfiffen wurde oder das 1998 eingeführte Verhältniswahlrecht, das den Wählern Raum zum Taktieren gibt.
Entscheidender ist aber das neue Selbstbewusstsein der Schotten. „Das traditionelle Argument, dass Schottland ohne Hilfe Englands nicht überleben kann, zieht nicht mehr. Die Menschen müssen nur auf die Ressourcenlage sehen und merken, dass es nicht stimmen kann“, erklärt die Kolumnistin der Zeitung „The Scotsman“, Joyce McMillan.
Viele Schotten nehmen sich erfolgreiche kleine Länder Europas zum Beispiel und versprechen sich von eigenständiger Dynamik mehr als von Londons schützender Hand. Früher rief die SNP gern nach mehr Staat. Nun ist Irland mit seiner liberalen Niedrigsteuer-Ökonomie ihr Vorbild. Norwegen ist Muster für Salmonds Plan eines aus Öleinnahmen finanzierten „Trust Fund für Schottland“. Mögen die Öleinnahmen auch sinken – niemand lässt sich von Schatzkanzler Browns Warnungen vor einem „Elf-Milliarden-Pfund-Loch“ in den SNP-Plänen schrecken.
Viele schottische Unternehmer teilen dieses Selbstvertrauen und füllten die Wahlkampfkasse der SNP. Verkehrsunternehmer Brian Souter von „Stagecoach“ machte mit einer Spende über 500 000 Pfund den Anfang, inzwischen sind es über 1,5 Mill. Pfund. Salmonds Trumpfkarte war Schottlands angesehenster Unternehmensführer Sir George Mathewson. Der Mann, der die Royal Bank of Scotland zur fünftgrößten Bank der Welt machte, ist mit an Bord. Ob Salmond bei einem Wahlsieg eine Koalition für seinen Unabhängigkeitstraum zusammenbekommen wird, ist aber ungewiss. Der wahrscheinlichste Partner, die Liberaldemokraten, lehnen die Selbständigkeit ab – wie die Mehrheit der Schotten. Aber sie träumen von mehr Eigenständigkeit in der Wirtschaftspolitik und niedrigeren Firmensteuern.
Salmond, einst für eine scharfe Zunge und Arroganz bekannt, gibt sich in Erwartung seines Sieges schon landesväterlich und milde. In Artikeln und Interviews umwirbt er die Engländer. Von einem „Auseinanderbrechen“ des Vereinigten Königreichs wollte er in einem „Daily-Telegraph“-Interview nichts wissen. Schottland und England würden die „besten Freunde bleiben“. Der Monarch werde König beider Königreiche bleiben und diese freundschaftliche Zusammengehörigkeit symbolisieren.
Schottland will weg vom Königreich Politik, 14.10.2009, Jasmin Fischer
London. Die Schotten wollen so schnell wie möglich auf eigenen Beinen stehen, sich vom Königreich spalten. Ein entsprechendes Referendum soll es nächstes Jahr geben.
Schottland treibt seine Pläne voran, sich vom Königreich abzuspalten, eine eigenständige Nation zu gründen und der EU beizutreten. Damit könnte eine der rohstoffreichsten Regionen Europas schon Ende 2010 den Weg in die Unabhängigkeit antreten. „Nächstes Jahr soll das schottische Volk in einem Referendum entscheiden, ob es die Unabhängigkeit will”, erklärte Alexander Salmond, schottischer Ministerpräsident in London.
Noch kann die britische Regierung das Referendum torpedieren, doch „dann bringt die Schottische Nationalpartei die Frage als Gesetzesvorlage 2011 ins Parlament.” Ein Mitspracherecht in ihrem Schicksal sei den Schotten also gewiss - so oder so. Und für die Trennung sehe es positiv aus, gibt der Ministerpräsident sich siegessicher.
Während die britischen Konservativen am liebsten sofort aus der EU austreten würde, sieht die kleine Region ihre Zukunft in Europa - und würde auch den Euro als Währung einführen. Dies ist nicht der einzige Punkt, in dem der Nordzipfel Britanniens anders denkt als Westminster.
„Zurzeit verteilt die britische Regierung Finanzspritzen in Millionenhöhe”, sagt Salmond, „doch Westminster entscheidet, wie das Geld investiert werden muss. Wären wir selbstständig, könnten wir die Stimuli treffgenauer dirigieren.” Das gelte auch für Schottlands Energiereserven, die ein Viertel der EU-Gesamtvorräte ausmachten. „Unsere Energieförderung wird in London beschlossen”, so Salmond, „damit raubt man uns aber die Chance, unser volles Potenzial zu entfalten.”
Ebenso wenig sieht sich Schottland in Klima- und Verteidigungsfragen auf einer Linie mit den Briten.