Die Türkei hat nicht nur den ersten Genozid des 20. Jahrhunderts an den Armeniern zu verantworten, der bis heute geleugnet wird und dessen Erwähnung als „Beleidigung des Türkentums“ bestraft wird. Einen weiteren Völkermord haben sich die Türken 1922 in Smyrna (heutiges Izmir) zuschulden kommen lassen, dem etwa 120.000 – 300.000 Griechen und Armenier zum Opfer fielen.
Die Einnahme der kurz zuvor von griechischen Streitkräften geräumten Stadt Smyrna (türk. Izmir) durch türkisch-nationalistische Truppen im September 1922 beendete die 2500jährige griechische Präsenz in der Region. Die Eroberer plünderten die wehrlose, überwiegend von Christen bevölkerte Stadt und verübten schauderhafte Massaker. Kurz zuvor konnte noch ein Teil der griechischen Bevölkerung von englischen Schiffen aus der Stadt evakuiert werden.
Der armenische Arzt Garabed Hatscherian war einer der Überlebenden des Massakers. Das Buch „Smyrna 1922. Das Tagebuch des Garabed Hatscherian“ von Dora Sakayan gehört zu den wichtigsten Zeugnissen des türkischen Völkermords an Griechen und Armeniern nach dem 1. Weltkrieg. Dora Sakayan hat das sorgsam in der Familie aufbewahrte Tagebuch ihres Großvaters 1995 veröffentlicht. Beschrieben wird das barbarische Vorgehen von türkischer Polizei und Armee, nachdem das griechische Militär aus Smyrna abgezogen war. Garabed Hatscherian schreibt von Massenvergewaltigungen, dem Niederbrennen ganzer Stadtviertel und vom enthemmten sadistischen Quälen unschuldiger Christen durch die türkische Soldateska. Jedes christliche Haus der Stadt und selbst die Kirchen, in die sich viele Menschen geflüchtet hatten, sind in Brand gesetzt worden, so berichtet er.
Hatscherian bleibt zunächst in Smyrna, in der „Hoffnung, dass die Türken ein zivilisiertes Volk“ sind. Allerdings hat er sich darin schwer getäuscht und schließlich gelang es ihm in letzter Minute, auf dem US-Konsulat für sich und seine Frau und die Kinder Schiffstickets zu erstehen, um endlich „aus dieser Stadt des Leidens“ herauszukommen. Nur mit Hilfe „vieler Geldscheine“ gelangte die Familie an Bord des Dampfers. In der Dunkelheit am Sonntag, 24.09.1922, setzt sich endlich eine „aus sieben Passagierschiffen bestehende Flotte unter Führung eines amerikanischen Kriegsschiffes in Bewegung“ Richtung Mytilene [die Agäis-Insel Lesbos] als Ort, „wo die türkische Barbarei nicht mehr herrschen wird, wo wir die türkischen Soldaten und das blutfarbene Banner nie wieder sehen werden.“ Die zehn zurückgebliebenen Familienmitglieder der Hatscherians wurden von der Kemalistenarmee ermordet.
Nur die Smyrner Griechen? Die Türken haben sich nicht geschert, ob man Grieche oder Armenier oder Kurde oder sonstwas ist, es wurden möglichst alle Christen und Jesiden brutal ermordet.